Wie das Reisen Freundschaften verändern kann und weshalb sich eine längere Reise trotzdem lohnt


Wir waren Freunde und sind uns fremd geworden. Aber das ist Recht so und wir wollen's uns nicht verhehlen und verdunkeln, - als ob wir uns dessen zu schämen hätten. Wir sind zwei Schiffe, deren jedes sein Ziel und seine Bahn hat; wir können uns wohl kreuzen und ein Fest miteinander feiern, wie wir es getan haben,- und dann lagen die braven Schiffe so ruhig in einem Hafen und in einer Sonne, dass es scheinen mochte, sie seien schon am Ziele und hätten ein Ziel gemeinsam gehabt. Aber dann trieb uns die allmächtige Gewalt unserer Aufgabe wieder auseinander in verschiedene Meere und Sonnenstriche und vielleicht sehen wir uns nie wieder- vielleicht auch sehen wir uns wohl, aber erkennen uns nicht wieder: die verschiedenen Meere und Sonnen haben uns verändert! Dass wir uns fremd werden müssen ist das Gesetz über uns: Eben dadurch sollen wir uns auch ehrwürdiger werden! Es gibt wahrscheinlich eine ungeheure unsichtbare Kurve und Sternenbahn, in der unsere so verschiedenen Strassen und Ziele als kleine Wegstrecken einbegriffen sein mögen- erheben wir uns zu diesem Gedanken! Aber unser Leben ist zu kurz und unsere Sehkraft zu gering, als dass wir mehr als Freunde im Sinne jener erhabenen Möglichkeit sein könnten.- Und so wollen wir an unsere Sternen- Freundschaft glauben, selbst wenn wir einander Erden- Feinde sein müssten.
(Friedrich Nietzsche)



Eintauchen in eine völlig neue Welt


So ähnlich verhält es ich auch auf Reisen. Du tauchst ein in eine völlig andere Welt. Lernst neue Kulturen kennen, die vielleicht sehr gegensätzlich zu unserer sind. Du saugst das Land, in das dich deine Reise geführt hat, mit all seinen Facetten auf und erlebst eine Achterbahnfahrt der Gefühle und Eindrücke, die auf dich herein strömen. Anfangs fühlst du dich verloren und denkst vielleicht noch, du würdest nie wieder zurück zu deiner Unterkunft finden, wenn du einen Ausflug machst oder einfach durch die Straßen läufst. Schnell bist du so weit in das Land und seine Gegebenheiten eingetaucht, dass zwar vieles immer noch neu für dich ist, du anderes aber schon genau so machst, wie die Menschen dort. Ein neuer, anderer Alltag schleicht sich ein und du hast dich in eine Welt eingefügt, die du vorher so nicht kanntest. All die Eindrücke und Erlebnisse in Worte zu fassen, zu beschreiben, fällt schwer und die Freunde daheim können viele Ereignisse und Gepflogenheiten der Kultur, in der du nun lebst und angekommen bist, nicht wirklich nachvollziehen. Während du ein komplett anderes Leben lebst, als dein bisheriges, geht zu Hause der gewohnte Trott weiter. Vielleicht schleicht sich bei deinen Freunden noch das ein oder andere Ereignis in den Alltagstrott mit ein, aber im Großen und Ganzen leben sie ihr Leben so weiter, wie sie es vor deiner Reise auch schon getan haben. Und du? Du erlebst jeden Tag neue Dinge. Schöne und weniger schöne. Auch das gehört zum Reisen dazu. Du stößt an Grenzen, die es zu meistern gilt und du lernst aber auch viel über dich. Vielleicht reist du, weil du dir erhoffst, etwas zu finden, wovon du gar nicht wirklich weißt, was es eigentlich ist. Vielleicht bekommst du mit der Zeit die Erkenntnis, dass du genau das in dem Land, in dem du dich gerade befindest, nicht finden wirst. Dafür findest du Dinge, nach denen du eigentlich gar nicht gesucht hast und die viel wertvoller sind. Dinge, die du dein Leben lang mitnehmen kannst und die dir keiner mehr nehmen kann. 

Veränderungen


Mit jeder Woche, die du in einem fremden Land verbringst, veränderst du dich ein stückweit, während sich die Freunde daheim kaum verändern. Auch das ist nichts schlechtes. Es ist eben einfach der Lauf der Dinge. Dann kann es passieren, dass du am Ende der Reise angekommen bist und erkennst, dass ein paar Freunde einfach nicht mehr zu dir passen. Dass du sie nicht mehr verstehst, sie dich und die Dinge, die du tust bzw. die, die du nicht tust, nicht mehr verstehen. 

Als ich 2008 die Entscheidung traf, für fast vier Monate nach Ghana zu gehen, konnten viele damalige Freunde diese Entscheidung nicht verstehen. Das kleine Mädchen, das bisher nichts wirklich selbst regeln musste, geht nach Afrika, und dann auch noch in ein Dritte- Welt- Land, wie es klischeehaft immer so schön heißt. Es wurde mir prophezeit, dass ich es keine Woche dort aushalten würde. All diese Menschen und auch ich selbst, wurden eines Besseren belehrt. Im Sommer 2008 nach Ghana zu gehen war eine der Besten Entscheidungen, die ich bisher getroffen habe. Schon während meiner Zeit dort merkte ich, wie mich das Land und seine Menschen veränderten. Wie es mich in seinen Bann zog und nicht mehr los ließ. Ich merkte aber auch, dass genau das zwar für mich gut war, für einige Freundschaften aber nicht. Nach fast vier Monaten hieß es dann wieder Abschied nehmen von einem Land, von dem ich niemals gedacht hätte, dass ich es so lieben würde, dass es meine zweite Heimat werden könnte. That's Ghana for you, denn dort kommt immer alles anders, als du denkst. 

Zerbrochene Freundschaften und neue Horizonte


Ich war noch keine zwei Wochen zurück in Deutschland, als klar war, ich muss wieder zurück nach Afrika. Mir war klar, dass ich mein altes Leben, das ich vor dem großen Abenteuer Ghana geführt hatte, so nicht weiter leben möchte. Zwar war mir nicht wirklich klar, was ich ändern wollte, aber ich wusste, dass ich etwas ändern musste. In Ghana durfte ich so viel lernen und erleben, sodass ich anfing, Entscheidungen selbst zu treffen, ohne mich von anderen beeinflussen zu lassen und mir die Freiheit zu nehmen, Dinge zu machen, die ich möchte. Weil ich es möchte und nicht, weil es von mir erwartet wird. Mit dieser Veränderung und meinen ganz persönlichen Veränderungen zerbrachen einige Freundschaften. Manche sagten, die Reise hätte mir nicht gut getan und ich wäre nicht mehr ich selbst. Genau diese Menschen sind es aber, die man im Leben nicht zwingend um sich haben muss. Menschen ändern sich, Freundschaften ändern sich. Und auch, wenn es anfangs schwer ist, Freunde zu verlieren, erkennen wir doch mit der Zeit, dass es einen Sinn hat, weshalb diese Menschen keinen Platz mehr in unserem Leben haben. 

Erzähle mir gerne auch deine Geschichte. Wie hat dich das Reisen verändert?

5 Kommentare

  1. Hallo Wibke,
    schade das einige Freundschaften zerbrochen sind, aber wie du schon schreibst - diese braucht oder will man dann nicht mehr um sich haben.
    Eine Veränderung ist immer für andere manchmal schwer zu verdauen oder nachvollziehbar.
    Schön das du deinen Weg gehst, führt dich dieser wieder nach Ghana?
    Liebe Grüße Tanja

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    1. Hallo Tanja,
      klar ist es schade, wenn Freundschaften zerbrechen. Aber das gehört irgendwie auch dazu. Menschen verändern sich und manchmal geht das einfach in völlig andere Richtungen, auch wenn ich das Gefühl habe, dass dieses Phänomen durch das Reisen eher hervorgerufen wird, als im "normalen" Alltag.
      An Ghana komme ich nicht mehr drum rum. Mein Verlobter ist auch Ghanaer und da wird natürlich auch die Familie und Freunde besucht, aber es stehen auch noch andere afrikanische Länder auf der Reiseliste (=
      Ganz liebe Grüße und hab noch einen schönen Sonntag

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  2. Nach meinem Jahr in Peru sind bei mir auch einige Freundschaften zerbrochen. Zum einen, weil wir uns einfach auseinander gelebt hatten, zum anderen, weil mir die Trennung und meine persönliche Veränderung einfach gezeigt haben, dass ich bestimmte Menschen nicht mehr brauche bzw. sie mir nicht gut tun. Ich denke, das ist ganz normal und hat nicht nur mit dem Reisen zu tun - es wäre ja irgendwie merkwürdig, wenn man zB. mit dreißig noch mit allen Freundinnen und Freunden aus der Schulzeit dicke wäre. Man trifft neue Menschen, verändert sich, andere Menschen verändern sich... Umso schöner, dass einige Freundschaften dann eben doch ein Leben lang halten :)

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    1. Nach längeren Auslandsaufenthalten und den Veränderungen, die so etwas mit sich bringen, ist glaube ich oft vorprogrammiert, dass Freundschaften zerbrechen. Klar hat das nicht nur mit dem Reisen zu tun, aber es begünstigt es vielleicht noch ein kleines bisschen, da sich der eine ja weiter entwickelt und der andere vielleicht nicht unbedingt oder nicht so, dass es noch passen würde.
      Stimmt, mit fast 30 zähle ich nur noch eine handvoll Menschen aus der Schulzeit zu meinem Freundeskreis und andere wiederum kenne ich seit ich klein bin und sie werden wohl auch noch mit 70 einen Platz in meinem Leben haben. (=

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  3. Leider ist es schwierig Freundschaften auf Dauer zu halten. Das mag zwar schmerzhaft sein, aber es gehört dazu. Genauso ist es ja auch mit einem Umzug.

    Liebe Grüße, Julia.

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