Marktgedanken


Tausend unerfüllte Wünsche liegen in der Luft. So auch in diesem Jahr. Geschmückte Straßen und Fenster, die im Glanz der Lichterketten erleuchten. Kinderwünsche, die erfüllt werden, die aber auch zerbrechen können. Tannenbaumduft. Schneekristallzauber vor dem Fenster und Kerzenschein in den Häusern. Der Wunsch nach ein bisschen mehr Miteinander. Leider kommt das in unserer Welt oft viel zu kurz.



Einige tausende Kilometer entfernt. Sonne. Palmen und der Duft nach Meer, roter Erde. Buntes Markttreiben auf einem der größten Märkte des Landes. Wir gehen in einer der engen Gassen die Treppen herunter. Immer weiter. Stufe für Stufe. Der Weg ist zwischenzeitlich so eng, dass gerade einmal zwei Menschen aneinander vorbei gehen können. Ein schwieriges Unterfangen, tragen die Menschen hier doch vieles auf dem Kopf. So ducke ich mich unter einer schwere Schüssel, die eine Frau auf dem Kopf tragend die Stufen nach oben balanciert, hindurch. Obwohl der Weg die Stufen hinab so schmal ist sind links und rechts geflochtene Körbe aufgestellt.In einigen davon befinden sich noch lebende Schnecken, in anderen leuchtend grüne Okras, in wieder anderen Chillis in knalligem Rot. Es fällt schwer, die vielen Gerüche noch auseinander zu halten. Wir kommen nur langsam voran, aber dennoch habe ich das Gefühl, nicht alles richtig wahrnehmen zu können. Eine Frau läuft an uns vorbei. Ihr Kleid, das sie sicher von einer der Schneiderinnen auf dem Markt hat, fällt mit dem sonnengelben Stoff, der mit lauter bunten Schlüsseln versehen ist, schon von Weitem auf. Ich frage mich jedes Mal, was es mit diesen Schlüsseln auf sich hat, denn dieses Motiv sieht man hier momentan überall. Meistens schaue ich auf den unebenen Boden, einfach um nicht zu stolpern. Ab und zu blicke ich auf und schaue in die freundlichen, dunkelbraunen Augen der alten Marktverkäuferinnen. Ich habe das Gefühl sie versuchen mit die uralten Geschichten des Ga Volkes zu erzählen. Vielleicht sogar, wie sie früher Weihnachten gefeiert haben. Die Menschen hier kennen uns, deshalb beachten sie und trotz der Offensichtlichkeit, dass ich keine von ihnen bin, kaum. Es wird freundlich gegrüßt, ich blicke in strahlende Kinderaugen, die hier trotz des Gewusels einen perfekten Platz zum Spielen haben. Am Ende der Stufen angekommen gehen wir weiter durch die immer enger werdenden Verkaufsgassen. Ich bin diesen Weg schon etliche Male gegangen, frage mich aber immer wieder, wie ich aus diesem Labyrinth voller Menschen und Gassen alleine heraus finden würde. Ab und an würde ich gerne stehen bleiben, einen Blick in die Körbe werfen, um zu sehen, was an diesem oder jenem Stand verkauft wird. Stehen bleiben kommt aber nicht in Frage, es sei denn, man zwängt sich zwischen zwei Verkaufsstände. In der Masse von Menschen, die die unterschiedlichsten Dinge auf ihren Köpfen balancieren, der Kinder, die zwischen den Erwachsenen oder ihren größeren Geschwistern umherwuseln, die sich dicht an die Verkaufstische drängen, um etwas zu erstehen, ist stehen bleiben fast unmöglich. Wurden die Stufen herunter und das erste Stück der Gassen noch Lebensmittel aller Art verkauft, sodass man die verschiedenen Gerüche von geräuchertem Fisch, Chillis, Palmöl, Fleisch, Kardamon und anderen Gewürzen kaum mehr unterscheiden kann, gelangt man, je näher man zum Herzen des Marktes kommt, in die Stoffwelt. Eine besondere Welt. Die Gässchen werden wieder etwas breiter, es geht gemütlicher zu. Trotzdem ducke ich mich immer wieder unter auf dem Kopf balancierten Schüsseln und Kisten vorbei. Ein Stand ist farbenfroher als der nächste. An der Wand hängen Stoffe in verschiedensten Farbgebungen. Von Rubinrot über Lavendel bis hin zu Anthrazit, elfenbeinfarben und Khaki ist alles dabei. Ein Farbenmeer, das die verschiedensten Bilder in meinem Kopf hervor ruft. Die unterschiedlichsten Stoffe hängen an den Türen herunter oder sind zu meterhohen Stapeln aufgetürmt. So viele verschiedene Muster prallen aufeinander ein, dass ich das Gefühl habe, vor lauter Stoffen den Überblick verloren zu haben. Ich liebe es, mir hier die verschiedensten Stoffe auszusuchen, um daraus dann Kleider entstehen zu lassen. Das Herzstück des Marktes. Ein kleines Stückchen Welt, in dem die Menschen näher zusammen rücken, sich Zeit für einen Plausch nehmen, und es keine Rolle spielt, ob man nun eine Stunde später nach Hause kommt oder nicht. Ein Ort, an dem es nicht wichtig ist, was oder wie viel man verkauft hat, an dem es auch egal ist,ob Weihnachten bevorsteht oder nicht. Hier ist jeder Tag wie der andere. Markttag eben. Und doch haben die alten Marktfrauen mit ihren vom afrikanischen Licht sonnengegerbten Gesichtern dieses Glitzern in den Augen, das zeigt, dass diese Zeit des Jahres doch ein wenig Besonderer ist als sonst. Auch hier liegen tausend unerfüllte Wünsche in der Luft. Ich bin versucht, einer der Frauen danach zu fragen, aber wir müssen weiter. Das hebe ich mir also auf bis zum nächsten Besuch. 

Danke an die liebe Nima, von der ich zur Adventszeit den tollen Untersetzer, der auf dem Foto zu sehen ist, zusammen mit passenden Tassenuntersetzern und einem in verschiedenen Grüntönen gehaltenen Loop bekommen habe. Passend zu den Stoffwelten an diesem einzigartigen Ort.



5 Kommentare

  1. Ich freue mich sehr, dass ich dir eine kleine Vorweihnachtsfreude machen konnte ♥ Und dein Post, also diese Marktgeschichte - danke fürs erzählen! Ich konnte richtig ein wenig "mitgehen" ;)

    Alles Liebe nima

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  2. Hast du die Geschichte selbst erlebt ... auf jeden Fall interessant zu lesen!

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  3. Sehr schöne Geschichte und wunderschönes Bild :)

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  4. Huhu.
    Wirklich eine Traumhaft schöne Geschichte.
    Ich liebe Geschichten und find es toll, wenn einige Blogger so etwas ihren Lesern anbieten ;)

    Ich wünsch dir einen schönen 4 Advent
    Liebe Grüße

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  5. Schön, dass euch die Geschichte gefällt.

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