Vom Suchen und Finden des großen Glücks gibt es viele Geschichten. Geschichten, die sich darum ranken, wie wir den ultimativen Weg zu unserem Glück ganz einfach gehen können. Fast schon checklistenmäßig wird in Artikeln von anderen Bloggern und Bloggerinnen von diesem einen Weg erzählt, der glücklich macht. Und dabei gibt es auch nur diesen einen Weg. Ausbrechen, die Welt bereisen und überall auf der Welt, egal wo wir uns gerade befinden, ortsunabhängig zu arbeiten und online Einkommen zu generieren.
Aber ist das alles? Ist das der einzig richtige Weg, sein Glück zu finden? Für jeden von uns? Für dich, dich und dich und auch für mich? Ist genau dieser Lifestyle das non plus ultra, das, was die Spreu vom Weizen trennt?
Auf vielen Reiseblogs bzw. Reiseblogs, die sich so nennen, die aber irgendwie irgendwann vom Blog zum Business geworden sind, ist die Rede vom digitalen Nomadentum. und davon, wie toll es ist, sich all die Orte auf der Welt anzuschauen, die man möchte und noch dazu kinderleicht seine Brötchen zu verdienen. das alles klingt super spannend und ich finde die Idee, die dahinter steckt, wirklich interessant, aber ich glaube, dass das nicht alles sein kann und dass das nicht der Weg zum Glück sein kann, der für jeden und jede von uns gilt. Tanja von Reiseaufnahmen hat im Zuge ihrer Blogparade etliche Standpunkte zum Thema "Digitales Nomadentum" vs "9-to-5-Job" und der damit verbundenen Glückssuche zusammengefasst - von Aussteigern bis hin zu den Menschen, die auch in ihrem 9 to 5 Job glücklich sind - und gibt nun auch mir die Gelegenheit dazu, mich intensiver mit diesem Thema auseinander zu setzen.
Digitales Nomadentum oder 9 to 5 - die Frage nach dem Glück
Vor einiger Zeit habe ich darüber geschrieben, warum du immer das machen solltest, was dich glücklich macht. Ich bin der Meinung, dass du dein Leben so gestalten und leben solltest, wie du selbst es für richtig hälst. Den ultimativen Guide dazu, wie du das machen kannst, habe ich nicht, denn das musst du für dich selbst heraus finden - genau so, wie ich es für mich selbst auch herausfinden musste. Den einen ultimativen Weg zum Glücklich sein gibt es nämlich nicht.
Verlockend klingt das Ganze dennoch. Der übliche Verlauf der Dinge ist nämlich folgender: Du machst einen Schulabschluss, studierst oder machst eine Ausbildung, trittst dann ins Arbeitsleben ein und arbeitest bis ins Rentenalter vierzig Stunden die Woche. Zumindest war das in der Generation meiner Eltern so noch üblich. Die Ausbildung oder das Studium wurde beendet und man bekam direkt eine Festanstellung in dem Job, den man machen wollte und in dem man dann auch wirklich arbeitet bis man pensioniert wird. Genau hier ist der Knackpunkt, auf den das digitale Nomadentum anspringt. Die Rede ist vom berühmten Hamsterrad, aus dem es gilt auszubrechen. Der Gedanke, der dahinter steckt, ist ein interessanter, wenn auch nicht völlig neuer. Ausbrechen aus der Vierzig-Stunden-Woche, die Zelte abbrechen und aufbrechen zu dem Abenteuer "ortsunabhängiges Arbeiten". Es ist die Rede davon, sich online selbständig zu machen, da man so eben von überall arbeiten kann,vorausgesetzt es gibt eine Internetverbindung. Denn damit steht und fällt das ganze Vorhaben. Hast du eine gute, im Idealfall schnelle Internetverbindung, kannst du problemlos ein eBook, eine Packliste, einen Travelguide oder jedes andere digitale Produkt bewerben, das du möchtest und bekommst so dein Einkommen, egal ob du nun in Thailand bist, in Asien oder irgendwo in Südamerika. So arbeitest du und kannst gleichzeitig die Welt entdecken. Klingt eigentlich spannend, oder?
Gerade auf Reiseblogs gibt es zwei verschiedene Welten - die der digitalen Nomaden und die, die eine Homebase haben, wie es so schön heisst, und ihre Reiselust auch mit ihrem 9 to 5 Job verbinden können. Das eine schließt das andere ja nicht aus, auch wenn es bei digitalen Nomaden oftmals so klingt als würde man nur richtig Reisen können, wenn man in ihren Lifestyle eintaucht und eben orstunabhängig wird. Dabei ist in unserer Generation die 40-Stunden-Woche eben so eine Sache. Klar, es gibt sie noch und auch einige Freunde von mir arbeiten ganz klassisch eben 9 to 5, aber wir haben so viele Möglichkeiten und Türen, die uns offen stehen, dass wir die Wahl haben, ob wir einen "klassischen" 9 to 5 Job machen wollen oder ob für uns ein anderes Modell besser geeignet ist, weil es uns glücklicher macht und mehr ausfüllt. Die meisten Jobs sind befristet, es wird sich von Vertrag zu Vertrag gearbeitet, es gibt Teilzeitjobs und man kann genau so auch in einer Zeitarbeitsfirma arbeiten oder drei Jobs gleichzeitig haben. Heute geht es nicht mehr nur darum, Einkommen zu generieren, es geht auch darum, eine Stelle zu finden, die einen ausfüllt, in der man einen Sinn sieht und die man gerne macht. Es gibt heutzutage so viele verschiedene Arbeitsmodelle, dass die klassische 40-Stunden-Woche etwas in den Hintergrund gerückt ist. Für wen das nichts ist, der findet etwas anderes, das eben besser passt.
Geht man diesem Ansatz nach wird es schwierig, eine Unterteilung in 9 to 5 und digitales Nomadentum zu begründen. Das eine schließt das andere nicht aus und wir können, wenn wir das möchten, eben auch hier arbeiten und dennoch die Welt bereisen. Beides lässt sich gut miteinander kombinieren. Und genau das ist ja das schöne: wir können in einem festen Job arbeiten, Urlaub nehmen und dennoch die Welt entdecken. Selbst wenn wir für längere Zeit unterwegs sein möchten, weil wir zum Beispiel eine Afrika-Reise planen oder einen Roadtrip durch die USA machen möchten, dann ist es in vielen Unternehmen überhaupt kein Problem mehr, ein Sabbatical zu nehmen und so unsere Reiselust zu stillen.
Ortsunabhängig arbeiten und andere Kulturen kennen lernen?
Die Vorstellung, überall auf der Welt zu arbeiten und die Länder bereisen zu können, die ich möchte und ihre Kultur kennen zu lernen, finde ich spannend. Wäre das bei dem Lifestyle, den digitale Nomaden führen, aber wirklich so? Liest man sich durch all die Blogs, die mittlerweile zum Business geworden sind, dann stellt man schnell fest, dass die Quintessenz eine ganz andere ist. Nämlich in Euro verdienen, in Baht oder einer anderen Währung zu zahlen und gutes W-Lan. Dazu noch der Fakt, ob dort auch andere digitale Nomaden anzutreffen sind und schon ist das Land, in dem man erstmal bleiben möchte, entschieden. Zudem braucht man nicht viel- ein paar Kleidungsstücke, das Handy, den Laptop und vielleicht noch das Ipad im Rucksack und los geht es. Für mich reicht das aber einfach nicht aus, denn beim Reisen geht es um mehr. Es geht darum, in eine für mich fremde Kultur einzutauchen, das Land und seine Menschen kennen zu lernen, mich anzupassen, zu integrieren und mich auf das Land einzulassen. Und es geht darum, Erinnerungsstücke zu sammeln an die Reisen, die ich unternommen habe. Ob es nun die Sonnenstrahlenmomente sind, die ich in Erinnerung behalten werde oder die wunderschön aussehende Muschel, die ich am Strand gefunden habe, das alles passt nicht in einen Rucksack. Und wäre er noch so groß. So, wie es oft beschrieben wird, steht das bei digitalen Nomaden weit im Hintergrund, denn das Wichtigste ist eben einfach eine gut funktionierende Internetverbindung. Ohne die kann schließlich nicht gearbeitet werden. Mir ist bewusst, dass ich das nun etwas pauschalisiert habe und es gibt sicher auch in der Bewegung der digitalen Nomaden diejenigen, denen es schon wichtig ist, sich in einem Land auch zu integrieren, zumindest teilweise. Aber meist ist es doch so- gerade ist ein Ort in, also ab dorthin, weil man dort viele Gleichgesinnte trifft und die Strukturen schon vorhanden sind. Da es ja nicht darum geht, die jeweilige Kultur kennen zu lernen oder die Landessprache zu lernen,ist es auch sehr einfach, eben diesen Ort nach einer Zeit wieder zu verlassen um zum nächsten zu gehen, der dann in ist.
Glückssuche und ich
Wie ist das nun aber mit der Glückssuche? Macht es glücklich, in der Weltgeschichte herum tingeln zu können, wie man gerade möchte, ohne Homebase, ohne einen Ort, den man Heimat nennt? Von überall aus arbeiten zu können, durch ein eBook oder einen Guide passiv Einkommen zu generieren und letzten Endes nur noch sehr wenig arbeiten zu müssen? Oder macht der 9 to 5 Job glücklich, mit dem man dennoch das reisen verbinden kann, da man ja über das Jahr verteilt immer wieder Urlaub nehmen kann?
All das kann ich nur für mich selbst beantworten. Denn was mich glücklich macht muss nicht automatisch der richtig Weg für dich sein.
Ich selbst weiß heute, dass ich in einem 9 to 5 Job nicht glücklich werden würde. Im Moment arbeite ich an einer Grundschule, der Job gefällt mir und macht mir Spaß. Und ja, es ist das, was ich studiert habe. Grundschulpädagogik. Durch meine Reisen nach Ghana habe ich aber nach und nach festgestellt, dass das nicht das ist, was ich mein Leben lang machen möchte. Zumindest nicht in Deutschland. Es gibt so viele Möglichkeiten da draußen. Warum nicht auch einmal etwas völlig neues ausprobieren? Ich könnte mir zum Beispiel gut vorstellen, ein eigenes Buch zu schreiben und eben durch das Schreiben Geld zu verdienen. Genau so gut kann ich es mir aber auch vorstellen, in Ghana an einer Schule zu arbeiten oder eben eine Schule oder einen Kindergarten, den wir mit Amebii Ghana gebaut haben, zu leiten. Ich mag die Arbeit mit Kindern und in Ghana ist es einfach etwas völlig anderes, Kinder zu unterrichten, als das hier der Fall ist. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Vielleicht werde ich eines Tages auch etwas ganz anderes machen, an das ich heute im Traum noch nicht gedacht hätte. Und auch das ist dann gut so und ich bin sicher, dass es mich glücklich machen wird, so lange ich einen Ort habe, den ich Heimat nennen kann. Ob der nun in Ghana, hier in Deutschland, in Frankreich oder in einem ganz anderen Land liegt, spielt dabei keine Rolle, so lange ich immer dorthin zurück kommen kann zu diesem Ort beziehungsweise diesem Gefühl, das mir die Menschen geben, die mir wichtig sind und denen ich wichtig bin und das sich Heimat nennt.
Was sind deine Gedanken zu dem Thema? Kannst du dir vorstellen, digitaler Nomade zu werden? Oder bist du in deinem 9 to 5 Job glücklich, so wie er ist und kannst dir nicht vorstellen, keine Homebase zu haben?
Manchmal bedauere ich, dass uns niemand sagen kann, wie wir glücklich werden :-)
AntwortenLöschenLiebe Wibke, ich mag deinen Text sehr. Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast an meiner Blogparade teilzunehmen und das daraus dieser schöne Text entstanden ist, der auf der einen Seite wunderbar Fragen aufwirft, Antworten gibt und gleichzeitig noch von dir erzählt.
Ich bin gespannt, wohin sich dein Werdegang entwickeln wird!
Viele liebe Grüße
Tanja
Liebe Tanja, freut mich, dass du den Text magst. Vielleicht ist aber genau dass das Besondere am Glück und der Suche danach- eben dass es kein Patentrezept gibt, um glücklich zu werden, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist und für sich selbst herausfinden muss, was ihn glücklich macht- egal, ob das nun im Job ist oder allgemein im Leben.
LöschenLiebe Grüße zurück zu dir und danke dir für den Denkanstoß.