Die Reise ins Innerste des schwarzen Kontinents geht weiter und führt uns zurück in ein Land, das oft mit den Geschichten aus 1001 Nacht assoziiert wird.
Das Ziel: Marokko
Julia von bezirzt erzählt uns ihre ganz eigenen Geschichten von Marrakesch und Essaouira. Für bezirzt schreibt sie selten Reisetipps und
Packlisten, sondern Geschichten über das Reisen. Es geht um großartige
Erlebnisse, schöne Orte, aber auch um Ängste und das Suchen. Und manchmal auch
ums Finden.
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Ich laufe
durch die verwinkelten Gassen der Medina. Es ist eng und laut und die
Motorräder fahren in einem Affenzahn so eng an mir vorbei, dass jedes Mal mein
Herz in die Hose rutscht. Doch ich gehe immer weiter, lasse mich mit dem
Gedränge durch die Straßen treiben. Ich
befinde mich in einem heillosen Gewimmel, in dem gleichzeitig eine gewisse
Entspannung liegt. Ich höre das Feilschen der Händler, das gesellige Lachen der
Männer beim Tee. Lebendig, bunt, opulent sind die Worte, die mir im Geist
herum schwirren. Das wilde Treiben in den Souks von Marrakesch fordert mich
heraus und beeindruckt mich gleichermaßen. In der Luft liegt der Duft von
Gewürzen, Tee und gebratenem Fleisch, es brutzelt in den Pfannen, der Gesang
der Muezzine ertönt und die frühe Morgensonne linst noch vorsichtig über die
hohen Mauern der Stadt.
Irgendwo
inmitten der Altstadt suchen wir unser Hostel. Vom berühmten Djemaa El Fna, dem
Hauptplatz, versuchten wir uns einen Überblick zu verschaffen. Laut unserem
Reiseführer gibt es eine kleine Gasse, in dem ein Hostel neben dem anderen
steht, auch unseres. Dürfte also nicht zu schwer sein, denken wir und machen
uns bepackt mit unseren Rucksäcken auf die Suche nach dieser Straße. Doch kaum
sind wir in den Gassen der Souks gelandet, sind wir hoffnungslos verloren. Wir
laufen planlos umher, kreuzen einige Straßen zum zehnten Mal und sehen weder
Straßennamen, Hausnummern noch Schilder, die auf Hostels hinweisen würden. Es
wird langsam heiß und in den engen Straßen wird es staubig und stickig. Immer
mehr Menschen, Zweiräder und Eselskarren quetschen sich an uns vorbei. Wenn wir
kurz stehen bleiben, um einen Blick auf die Karte zu werfen, werden wir sofort
angequatscht oder umgerempelt. Ich merke, dass ich langsam echt genervt bin.
Schließlich
geben wir dem jungen Mann nach, der uns seit einer halben Stunde folgt und uns
das Hotel seines Cousins anpreist. Wir folgen ihm und siehe da, nach wenigen
Abzweigungen sind wir auf einmal dort, wo wir schon die ganze Zeit hin wollten.
Wir hatten den schmalen Durchgang einfach nicht als Straße wahrgenommen. Das
Hostel ist zweckmäßig und günstig, kein wirklich schöner Ort zum Verweilen und
wir nehmen uns vor, bei unserer Rückkehr in ein paar Tagen ein schönes Riad zu
suchen, also eines dieser wunderschönen Häuser mit Innenhof. Wir legen also
lediglich unsere Rucksäcke ab, schnaufen kurz durch, um unsere kurzzeitige
Stressattacke abzulegen und stürzen uns wieder ins Getümmel, denn unser Magen
knurrt.
Wir folgen den
engen Gässchen innerhalb der Stadtmauern ins Labyrinth der Souks. Stoffe
in leuchtend bunten Farben, Leder, Gemüse und Fleisch werden von den Händler angepriesen.
Marrakesch ist
eine Stadt für alle Sinne. Bunt, laut, geruchsintensiv. Wir probieren uns durch
die Stände: Oliven, Brot, kandierte Früchte. Doch das macht nur Hunger auf
mehr. Wir gehen zurück zum berüchtigten Djemaa El Fna. Der große Platz in der
Altstadt war früher der Platz der Geköpften, heute ist er ein
Touristenmagnet und immer noch ein Schauplatz. Schlangenbeschwörer, Geschichtenerzähler
und Hennamalerinnen sorgen für Atmosphäre im Schein der Fackeln. Eine riesige
Rauchwolke vernebelt den Platz und das Zischen der Grills ist ohrenbetäubend.
Wir nähern uns den Straßenrestaurants und werden sofort von den Kellner mit den
Speisekarten überhäuft, doch da ich als Vegetarier nicht wirklich viel Auswahl
habe, suchen wir uns ein Restaurant in den Straßen und lassen auf einem Dach
mit Blick auf die in orangenes Licht getauchten Straßen den Abend ausklingen.
Szenenwechsel. Wir
sitzen im Bus, der uns in ein paar Stunden an die Atlantikküste, genauer gesagt
nach Essaouira bringen wird. Wir wollen ans Meer und richtig die Seele baumeln
lassen. Und beim Blick aus dem Fenster merke ich schon: allein die Fahrt
dorthin lohnt sich. Wir sehen das beeindruckende Atlasgebirge mit
schneebedeckten Gipfel, die alten knochigen Olivenbäume und die karge
Landschaft. Mein Lieblingsmoment: Der erste Blick auf das Meer. Das war schon
immer so. Leider hält der Busfahrer nicht an, damit wir den Moment voll auskosten
können, so wie es mein Papa immer tat.
Wo Marrakesch
quirlig und überfüllt ist, magisch und exotisch, ist Essaouira die Entspannung
pur. Das kleine Städtchen ist geprägt vom maritimen Spirit. Der Wind weht einem
die salzige Luft in die Nase, die Fischer breiten am Morgen ihren Fang am Hafen
aus und die Cafés und Bars zeugen von einer weltoffenen und lebensfrohen
Einstellung.
Wir suchen uns
ein kleines familiäres Hostel, aus dem leise Reggae klingt. Im
Gemeinschaftsraum sitzen die Leute zusammen, spielen Gitarre und der Besitzer,
ein langhaariger Rastafari, zieht an seinem Joint. Wir halten uns nicht lange
auf, denn das Meer zieht mich magisch an. Essaouira hat nicht nur einen
kilometerlangen Sandstrand, sondern auch eine alte Stadtmauer, von der sich der
Sonnenuntergang ganz zauberhaft beobachten lässt. Am nächsten Morgen laufen wir
den Strand entlang zum nächsten Dorf Diabat. Das kleine Dörfchen schmückt sich
damit, dass Jimi Hendrix einst hier gelebt haben soll. Zu seine Ehren gibt es
das Jimi-Hendrix-Café und ein großes Graffiti ziert eine Häuserwand.
Viel mehr
gibt es allerdings auch nicht zu sehen. Es ist sehr einsam dort, keine
Menschenseele begegnet uns, doch unser Ziele ist sowieso ein anderes: die
Pferderanch in Diabat. Mein Traum war es schon immer, einmal am Strand entlang
zu reiten. Und schon im Internet las ich von diesem sehr guten Reitstall und so
kostete es mich etwas Überredungskunst, was meinen Freund betrifft, und rund 20
Euro, um meinen Traum zu verwirklichen. Wir buchen zwei Stunden Ausritt, davon
werden wir eine Stunde am Strand reiten und die andere durch den „Wald“, also
die Hecken in den Dünen. Unser Reitlehrer gibt uns eine kurze Anweisung und
dann geht es auch schon los. Ich merke sofort, dass diese Araberpferde Feuer
unterm Hintern haben. Etwas aufgeregt tänzelt mein Pferd mit dem innovativen
Namen Atlas herum, es freut sich
offensichtlich auf den Galopp. Und dieser lässt nicht lange auf sich warten.
Mit einem kurzen Schnalzen treibt unser Reitlehrer die Pferde an und diese
rasen unvermittelt los. Trotz jahrelanger Reiterfahrung fällt es mir schwer,
fest im Sattel zu bleiben und ich schaue mich besorgt nach meinem Freund um.
Dieser sitzt heute zum ersten Mal im Sattel und sein Gesicht spricht Bände. Zum
Glück ist sein Pferd vom unbeholfenen auf dem Rücken rumgepoltere so irritiert,
dass es sich weigert zu galoppieren und stattdessen im leichten Trab über den
Sand hoppelt. Ich darf noch ein bisschen alleine durch das seichte Wasser
galoppieren und bin dann aber auch beruhigt, als wir uns vom Strand in Richtung
Wald aufmachen. Der Rest ist jetzt nur noch ein bisschen im Schritt durch die
Landschaft spazieren, denke ich.
Doch gleich
hinter der ersten Kurve steht plötzlich ein Kamel mit seinem Jungen vor uns. Es
ist schwer zu sagen, wer sich vor wem am meisten erschreckt, aber mit einem Hops
sind die Kamele hinter alle Berge und unsere Pferde ein paar Meter weiter
vorne. Weiter geht’s. Nach ein paar Minuten hören wir Stimmen und sehen von Weitem eine Gruppe von rund zehn Menschen und zwei Polizeiautos. Zelte stehen
herum und zwei Männer reden lautstark auf die Polizisten ein. Unser Guide führt
uns ohne ein Wort durch die etwas beunruhigende Szene. Er wechselt zwei, drei
Worte mit dem Polizisten, zuckt entschuldigend die Schultern und reitet weiter.
Wir haben keine Ahnung, was hier los ist. Ohne weitere Zwischenfälle erreichen
wir die Ranch und verabschieden uns von den Pferden.
Den Tag lassen wir ganz
entspannt mit ein paar Leuten auf dem Dach unseres Hostels ausklingen. Wir
blicken über die weiß getünchten Dächer und lassen die goldene Abendsonne
unsere Nasen kitzeln und tauschen unsere Erlebnisse mit den Mädels aus Bayern
aus, die von ihrer Wüstenübernachtung erzählen. Am nächsten Morgen merken wir
bereits beim Aufwachen, dass uns dieser Ausritt noch länger begleiten wird, in
Form von gut ausgeprägtem Muskelkater am Allerwertesten.
Nach drei
Strandtagen geht es zurück in die Hauptstadt. Wir haben uns im Internet ein
schönes und doch günstiges Riad gesucht und verbringen noch einen tollen Tag in
Marrakesch mit dem Besuch des Jardin Majorelle, der von Yves Saint Laurent
liebevoll gestaltet wurde. Ein buntes blühendes Wunder, inmitten der roten
Stadt. Den letzten Abend kröne ich mit einem Hennatattoo, das ich mir zu
überteuerten Preisen auf dem Djemma El Fna malen lassen.
Marrakesch und
Essaouira, das ist die perfekte Kombination aus Kultur und Strand, Entspannung
und Action. Marokko hat mich wahnsinnig fasziniert: Die exotische Stimmung von
1001 Nacht in Marrakesch, die abwechslungsreiche Natur und die chilligen Tage
an der Atlantikküste. Ich werde sicherlich nicht zum letzten Mal in Marokko
gewesen sein und noch einige Minztees dort schlürfen.
Warst du bereits in Marokko? Was waren deine Eindrücke vom Land aus 1001 Nacht?
Das klingt schön! Ich musste auch an Yves Saint Laurent denken, als ich Marrakesch hörte :P
AntwortenLöschenEin wirklich schöner Bericht!
AntwortenLöschenIch war leider nur kurz für An- und Abreise in Marrakesch. Die restliche Zeit habe ich in einem verschlafenen Surferort an der Küste bei Agadir verbracht. Es war wirklich ein Traum. Und sicherlich nicht meine letzte Reise dort hin.
LG
Elisa